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Der Begriff "Wildhund" wird häufig ungenau verwendet. Viele Menschen bezeichnen damit freilebende oder verwilderte Haushunde, manche denken an Dingos oder andere wildlebende Hundeartige. Tatsächlich gibt es jedoch nur zwei Tierarten, die biologisch als "Wildhunde" gelten: den Afrikanischen Wildhund (Lycaon pictus) und den Asiatischen Wildhund, auch Rothund genannt (Cuon alpinus). Dieser Artikel klärt auf, was echte Wildhunde sind, warum sie oft mit anderen Caniden verwechselt werden und weshalb eine korrekte Unterscheidung wichtig ist.
Die einzigen echten Wildhunde
Der Afrikanische Wildhund (Lycaon pictus)
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Der Afrikanische Wildhund lebt in Gruppen und zeichnet sich durch eine ausgeprägte Sozialstruktur aus. Anders als Wölfe haben diese Tiere keine sehr starre Rangordnung, sondern ein kooperatives Gruppenverhalten.
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Ihre auffällige Fellzeichnung mit unregelmäßigen schwarzen, braunen, rötlichen, gelben und weißen Flecken ist einzigartig – jeder Wildhund hat ein individuelles Muster, das der gegenseitigen Erkennung innerhalb des Rudels dient. Der wissenschaftliche Name Lycaon pictus bedeutet „bunter Wolf“ und verweist auf diese besondere Färbung. Ihr kurzes Fell besitzt keine Unterwolle und ist stellenweise so spärlich, dass die schwarze Haut durchscheint.
Mit einer Kopfrumpflänge von 80 bis 110 cm, einem zusätzlichen Schwanz von etwa 35 cm und einer Schulterhöhe von 70 cm steht der Afrikanische Wildhund in seiner Größe zwischen Schakalen und Wölfen. Das Körpergewicht variiert zwischen 17 und 36 kg, wobei südliche Populationen tendenziell größer sind als ihre östlichen Artgenossen. Eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Caniden ist, dass sie nur vier statt fünf Zehen haben und über 12 bis 16 Milchdrüsen verfügen, während die meisten anderen Hundearten nur acht bis zehn besitzen.
Afrikanische Wildhunde sind effiziente Jäger, die ihre Beute oft über lange Strecken verfolgen. Ihre Gliedmaßen weisen eine geringe Seitenbeweglichkeit auf, wodurch sie ihre Beute nicht mit den Pfoten fassen können – eine Eigenschaft, die ihre Jagdstrategie wesentlich beeinflusst.
Das bevorzugte Habitat der Afrikanischen Wildhunde ist die afrikanische Savanne. Ihr Verbreitungsgebiet ist heute stark fragmentiert, da die Art durch Lebensraumverlust, Krankheiten wie Tollwut und Staupe sowie Konflikte mit Menschen bedroht ist. Afrikanische Wildhunde benötigen große Jagdreviere von bis zu 500 Quadratkilometern, und ihr Aktionsradius kann sogar 2000 km² umfassen. Die IUCN stuft sie als stark gefährdet ein – der Gesamtbestand lag 2018 bei nur noch 6000 bis 7000 Individuen.
Trotz ihrer hohen Sozialkompetenz und ausgeprägten Zusammenarbeit in der Jagd zählen Afrikanische Wildhunde damit zu den am stärksten bedrohten Raubtieren Afrikas.
Der Asiatische Wildhund / Rothund (Cuon alpinus)
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Der Rothund (Cuon alpinus) oder Asiatische Wildhund ist ein in Asien weit verbreiteter Wildhund. Er gehört zusammen mit dem Wolf und dem Afrikanischen Wildhund zu den großen, rudelbildenden Hetzjägern unter den Hunden.
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Der Rothund findet sich in der Literatur unter zahlreichen Namen, die für Unklarheit sorgen können. Die Bezeichnung Asiatischer Rotwolf kann zur Verwechslung mit dem nicht näher verwandten Rotwolf führen. Der Name Alpenwolf ist aufgrund des Verbreitungsgebiets, das kein als Alpen bezeichnetes Gebirge (insbesondere nicht die europäischen Alpen) umfasst, unsinnig, findet aber in der Literatur Verwendung. Daneben werden gelegentlich die Namen Dhole (indischer Name des Rothunds, etwa in Rudyard Kiplings Dschungelbuch) und Adjak (javanischer Name) verwendet.
Der Rothund ist vor allem in Süd- und Südostasien verbreitet und führt ebenfalls ein stark auf Zusammenarbeit ausgerichtetes Rudelleben. Seine Jagdtechnik unterscheidet sich deutlich von der des Afrikanischen Wildhundes, da er oft durch aggressive Gruppenangriffe selbst große Beutetiere erlegt. Während der Hetzjagd kommunizieren Rothunde durch Pfeiftöne miteinander, um ihre Bewegungen abzustimmen, da ihre Umgebung oft laut und unübersichtlich ist. Meistens führt das Alpha-Männchen die Jagd an, es packt das Beutetier an den Hinterbeinen, die anderen Rudelmitglieder holen auf und zerreißen die Beute. Manchmal beginnen sie mit dem Verzehren der Beute, während diese noch lebt, einen gezielten Tötungsbiss gibt es nicht.
Rothunde können gut schwimmen und sind an verschiedene Lebensräume angepasst, von dichten Wäldern bis hin zu Hochgebirgen. Sie leben vor allem in Wäldern, und zwar sowohl in den Nadelwäldern entlang des Amur als auch in den tropischen Regenwäldern Südostasiens und in den Trocken- und Monsunwäldern Indiens. In zentralasiatischen Regionen finden sich Populationen vor allem in gebirgigen Regionen.
Auch diese Art ist stark gefährdet, da ihre Bestände durch Habitatzerstörung und Konkurrenz mit anderen Raubtieren rückläufig sind. Die IUCN führt den Rothund im Status „stark gefährdet“. Der Bestand wilder Rothunde wird auf weniger als 2500 Tiere geschätzt. Hauptursachen für den anhaltenden Bestandsrückgang sind die Zerstörung des Lebensraums und die Übertragung von Krankheiten durch verwilderte Haushunde. In Indien vermochten sie sich, zumindest in einigen Nationalparks wie beispielsweise in Periyar, Nagarhole und Kanha, einigermaßen zu erhalten.
Häufige Verwechslungen – Was KEINE Wildhunde sind
Dingos
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Dingos (Canis lupus dingo) stammen von domestizierten Hunden ab, die sich vor Tausenden von Jahren in Australien wieder der Wildnis angepasst haben. Biologisch gesehen sind sie also keine echten Wildhunde, sondern eine verwilderte Form des Haushundes. Obwohl Dingos unabhängige Populationen gebildet haben und in ihrer Lebensweise Wildhunden ähneln, bleibt ihre Herkunft von domestizierten Vorfahren ein entscheidender Unterschied.
Verwilderte Haushunde
Haushunde, die ohne menschliche Betreuung leben, werden oft als "Wildhunde" bezeichnet, obwohl es sich lediglich um verwilderte Haustiere handelt. Sie können in Gruppen jagen und organisieren sich teilweise in Rudelstrukturen, allerdings unterscheiden sich ihre Strategien und Sozialstrukturen von denen echter Wildhunde. Ihre Jagdmethoden sind meist opportunistisch, und sie erlegen oft kleinere Beutetiere oder nutzen Aas und menschliche Abfälle als Nahrungsquelle.
Andere wildlebende Hundeartige
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Neben verwilderten Haushunden gibt es weitere Caniden, die fälschlicherweise als Wildhunde bezeichnet werden. Dazu zählen Schakale, Kojoten und Marderhunde. Diese Tiere sind biologisch zwar nahe mit Hunden verwandt, unterscheiden sich aber in ihrer Evolution, ihrem Verhalten und ihrer Lebensweise deutlich von echten Wildhunden.
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Warum die Unterscheidung wichtig ist
Die genaue Bezeichnung von Tierarten ist nicht nur eine Frage der Sprache, sondern auch entscheidend für ihren Schutz. Echte Wildhunde wie der Afrikanische Wildhund und der Rothund sind stark bedroht und haben spezialisierte Ökosystemrollen, die durch Missverständnisse oft vernachlässigt werden. Verwechslungen mit verwilderten Haushunden können dazu führen, dass ihr Schutz weniger Priorität erhält oder falsche Maßnahmen ergriffen werden. Nur durch eine präzise Begriffsverwendung lässt sich ein genaues Verständnis für diese besonderen Tiere fördern.
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Fazit
Die Begriffe "Wildhund" und "wildlebender Hund" sollten nicht synonym verwendet werden. Während der Afrikanische Wildhund und der Dhole biologisch klar definierte Wildhunde sind, fallen Dingos, verwilderte Haushunde und andere Caniden nicht in diese Kategorie. Durch korrekte Begriffsnutzung kann dazu beigetragen werden, dass echte Wildhunde mehr Aufmerksamkeit erhalten und besser geschützt werden. Es lohnt sich also, beim nächsten Gespräch über "Wildhunde" einmal genauer nachzufragen, was wirklich gemeint ist.
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