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Magazin: Blog2
AutorenbildThomas Hauser

Verhaltensmuster in Stresssituationen


Die Möglichkeiten, auf Stress zu reagieren, sind bei Mensch und Tier beschränkt. Hunde sind äußerst sensible und soziale Wesen, die wie wir Menschen auf unterschiedliche Weise auf Stress reagieren. Um das Wohlbefinden unserer geliebten Vierbeiner zu gewährleisten, ist es entscheidend, ihre individuellen und situationsbedingten Stressbewältigungsmechanismen zu verstehen.



Was ist Stress?

Der Begriff "Stress" bezeichnet eine spezifische Körperreaktion, die durch die Konfrontation des Organismus mit bestimmten Reizen ausgelöst wird. Verschiedene hormonelle Regelkreise sind für die Auslösung der Stressreaktion verantwortlich. Beim Erleben von Stress reagiert der Körper auf sogenannte "Stressoren", das sind die Reize, welche die Stressreaktion in Gang setzen. Diese Stressoren können unterschiedlicher Natur sein:

  • Physikalische Reize wie Hitze oder Kälte

  • Mechanische Reize wie Stöße und Berührungen

  • Soziale Reize wie Bindungsformen, Isolation oder Mobbing,

  • Körperliche Reize wie Krankheit, Schmerz oder Übermüdung

  • Sowie psychische Reize wie Reizüberflutung und Langeweile

Der Stress, der beispielsweise bei der alljährlichen Knallkörperorgie rund um den Jahreswechsel entsteht, ist eine Kombination aus Schmerz in den Ohren, also einem körperlichem Reiz mit dem psychischem Stress der Reizüberflutung.



Ist Stress immer negativ zu bewerten?

Umgangssprachlich wird Stress oft als etwas Unangenehmes betrachtet. Doch diese Sichtweise ist nicht ganz korrekt, denn Stress bedeutet im Grunde nichts anderes als eine körperliche Aktivierung. Diese kann durchaus auch als positiv empfunden werden. Die emotionale Bewertung des Stressors spielt dabei eine entscheidende Rolle, um zwischen negativ und positiv erlebtem Stress zu unterscheiden.

Die Wahrnehmung von Umweltreizen kann für Mensch wie Hund durchaus motivierend sein. Dies ist der Fall, solange man weiß, wie man erfolgreich mit einer bestimmten, stressbeladenen Situation umgehen kann. Stress wird als positiv empfunden, wenn man über eine angemessene Bewältigungsstrategie verfügt.



Was bleibt dem Hund, wenn er über keine Bewältigunsstrategie verfügt?

Kommt dein Hund in eine stessbeladene Situation, für die er auf keine ihm bekannte Bewältigungsstrategie zurückgreifen kann, dann wird ihn seine hohe Ausschüttung von Botenstoffen wie Adrenalin, Noradrenalin und Aldosteron in eine Art "Überlebensmodus" zwingen. Tatsächlich bleiben ihm dann nur mehr ganze 4 Möglichkeiten, um auf Stressoren zu reagieren. Welche dieser Reaktionen ein Hund zeigt, ist situationsbedingt und hängt auch von stark von seinem Charakter wie auch von seiner grundsätzlichen Wesensfestigkeit ab. Es handelt sich dabei um die sogenannten "F4", welche interessierten Hundehaltern bereits bekannt sein dürften:



FREEZE = Einfrieren

Hund Freesze
Dieser Hund trägt seine Rute normalerweise hoch erhoben. Mit einer anderen Anatomie wäre der Schweif unter den Bauch eingezogen.

Das ist eine Reaktion, die ein Hund etwa bei Begegnungen mit Artgenossen zeigen kann. Viele Menschen nehmen das Einfrieren möglicherweise nicht wahr oder ordnen es nicht als Stressreaktion ein. Innerlich jedoch erlebt ein solcher Hund starken Stress und kann dann auch plötzlich und für den Laien unerwartet zu einer anderen Reaktion der "4F" übergehen, also beispielsweise den Kampf wählen. Es ist entscheidend, die Anzeichen des Einfrierens zu erkennen und zu verstehen, dass es eine wichtige Rolle in der Stressbewältigung spielt.



FIDDLE = Herumblödeln


Spielaufforderung
Spielverhalten ist nicht immer gleich Spiel.

Das ist eine weitere, von vielen Hundehaltern häufig fehlinterpretierte Reaktion. Doch ein Hund, der in einer stressbeladenen Situation herumalbert, versucht seinen inneren Konflikt dadurch abzubauen um wieder sein inneres Gleichgewicht zu finden. Diese Beschwichtigunshandlung wird häufig in Bezug auf Artgenossen gezeigt. Auch wenn Hunde in Konfliktsituationen oft eine für Menschen erkennbare "Spielaufforderung" zeigen, handelt es sich dabei nicht unbedingt um eine Einladung zu einem zwanglosem Spielchen. Vielmehr dient diese Spielaufforderung dazu, die Spannung zu lösen und die Situation zu entschärfen. Manchmal entwickelt sich aus einer solchen Aufforderung eine Art Scheinspiel, bei dem die Hunde anfangen zu rennen. Häufig ist es jedoch lediglich ein rasches Bewegen des Hundes, der die Aufforderung gezeigt hat. Es ist wichtig, diese subtilen Signale zu verstehen, um Missverständnisse in Hundebegegnungen zu vermeiden und die Deeskalation zu unterstützen.


FIGHT = Kampf


Terrier, Schlittenhund
Ein Terrier lässt sich nicht bieten.

Das Gefecht eine sehr bekannte Reaktionsmöglichkeit auf Gefahren. Durch einen Kampf wird eine erhebliche Menge Energie verbraucht, daher ist es für einen Organismus vorteilhaft, nur in absoluten Notfällen einen Kampf zu beginnen. Diese Reaktion ist oft durch eine erhöhte körperliche Aktivität, wie Knurren, Zähnefletschen oder andere aggressive Verhaltensweisen, gekennzeichnet. Hunde wählen den Kampfmodus, wenn sie sich bedroht fühlen, und es ist wichtig, diese Reaktion zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, um potenziell gefährliche Situationen zu vermeiden.


FLIGHT = Flucht


Flucht Hund
Gefürchtet: Der Hund läuft in Panik davon

Um einen Konflikt zu vermeiden, zu entschärfen oder zu beenden, hat dein Hund, sofern er nicht angeleint ist, die Chance, die Situation zu verlassen oder ihr einfach auszuweichen. Auf diese Weise kann dein Hund den Konflikt auf einfache Art und Weise beenden. Flight bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Hund wie der geölte Blitz davonrennt und fluchtartig eine Situation verlässt. Dazu gehören auch Verhaltensweisen wie sich verstecken, verkriechen, Distanz aufbauen, sich abwenden und einfach fortgehen.



Wie kannst Du deinem Hund passende Bewätigunsstrategien vermitteln?


  1. Beobachte deinen Hund: Achte darauf, wie dein Hund in verschiedenen Situationen reagiert. Identifiziere Stressanzeichen wie Einfrieren, übermäßiges Hecheln, Zittern oder Vermeidungsverhalten.

  2. Schaffe positive Erfahrungen: Biete deinem Hund positive Erlebnisse in stressigen Situationen. Verknüpfe angenehme Dinge wie Leckerlis, Spielzeug oder Lob mit den auslösenden Reizen, um eine positive Verbindung herzustellen (Gegenkonditionierung).

  3. Schaffe Dir ein Repertoire an Skills: Stress ist immer leichter zu bewältigen, wenn man etwas zu tun hat. Schaffe Dir rechtzeitig ein Repertoire an Kunststückchen, die du vorher unter steigendem Ablenkungs- und Stresspegel geübt hast.

  4. Verwende positive Verstärkung: Belohne ruhiges und entspanntes Verhalten deines Hundes in stressigen Situationen. Positive Verstärkung hilft, gewünschtes Verhalten zu festigen.

  5. Gewöhne deinen Hund an neue Situationen: Integriere neue Reize schrittweise und positiv. Baue die Belastung langsam auf, damit dein Hund Zeit hat, sich anzupassen.

  6. Bleibe ruhig und gelassen: Das ist der mit Abstand wichtigste Rat. Dein eigenes Verhalten hat großen Einfluss auf deinen Hund. Gelassenheit ist die erste Pflicht des Hundehalters.


Hat sich eine Reaktion auf einen bestimmten Stressor, wie beispielsweise der Knallerei zu Silvester, bereits stark verfestigt, dann scheue Dich nicht, auf die Hilfe eines zertifizierten Tiertrainers zurückzugreifen. Selbstverständlich stehe ich Dir dazu zur Verfügung.




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